30.03.2022 – Wir werden eingeholt ;-)

Am 29.03. lichten wir den Anker und segeln in den Norden von Martinique. Wir setzen nur die Genua und steuern die meiste Zeit von Hand die böigen Winde aus. Nach gut drei Stunden sind wir in St. Pierre und wie es der Zufall will, lassen wir den Anker direkt neben der Tauchschule fallen.

Wir rudern an Land, trinken ein Ankerbier in der Beach Bar und machen eine Runde im Ort. St. Pierre wurde 1902 durch einen Vulkanausbruch komplett zerstört und der meist in den Wolken hängende, grün bewachsene Bergkrater prägt die Aussicht ins Hinterland. Es ist schon ein beeindruckendes Bergmassiv, über das die Regenwolken und Böen hinunter in die Bucht ziehen. Die Bingo schreibt, dass sie über Nacht nach Martinique und direkt zu uns kommen. Sie holen uns noch einmal ein, was für eine Freude.

Gleich am Morgen schnorcheln wir zu den kreolischen Meerjungfrauen. Die großen Unterwasserskulpturen können wir direkt vom Schiff aus erreichen. Auf dem ersten Blick bin ich etwas irritiert. Ich schaue auf einen großen Po, der aus dem Sand ragt. Dann erkenne ich, dass davor ein Kopf auf die Ellenbogen gestützt auftaucht und mehrere Meter hinter dem Allerwertesten, die Schwanzflosse. Die zweite Meerjungfrau ragt bis zum Busen aus dem Meeresgrund und hat ihren Kopf mit der Haarmähne nach Hinten geworfen. Weit hinter ihr schaut ihre Schwanzflosse raus. Es ist geschickt gemacht, dadurch dass der Künstler mehrere große Teile erschaffen hat, erreicht er eine beeindruckende Dimension seiner zwei Geschöpfe.

Als wir die Köpfe wieder aus dem Wasser heben, fährt die Bingo schon in die Bucht ein. Sie legen sich direkt hinter uns. Am Nachmittag schauen wir uns das Museum zum Andenken an die Katastrophe von 1902 an. Wir sehen alte Bilder aus Zeiten der großen Schoner und Handelsflotten unter Segel. St. Pierre wird zu der Zeit als das Paris der Karibik bezeichnet. Man kann sich schwer vorstellen, wie der Handelstrubel die Stadt geprägt hat und was in den Gassen damals vor sich ging. Einige der großen Handelsschiffe liegen als Wracks in der Bucht, auch sie konnten dem Vulkanausbruch mit seiner verheerenden Glutwolke nicht entkommen.

Wir lernen ein paar Sachen im Museum. Zum Beispiel haben uns viele Leute erzählt, dass es nur einen Überlebenden gab, der in einer Gefängniszelle saß, die ihm das Leben gerettet hat. Diesen Einen gab es, er wurde danach begnadigt und tourte als einziger Überlebender durch Amerika, aber er war nicht der Einzige, wenn auch nur Wenige überlebten. Ein Segelschiff konnte sich und ein paar Gerettete in Sicherheit bringen und gleichzeitig die Nachricht vom Vulkanausbruch verbreiten. Der Kapitän wurde von seinen Kollegen bei der Ankunft nicht erkannt und sagte, sie kommen von den Toren der Hölle. Der Ausbruch hat 20.000-30.000 Menschen das Leben genommen und das völlig unnötig. Zu der Zeit war Wahlkampf und ein Politiker, der um seinen Machterhalt gekämpft hat, hat die Bevölkerung desinformiert. Mehrfach hat er die Stadt als sicher eingestuft und die herannahende Katastrophe heruntergespielt oder einfach nur unterschätzt. Leider haben die Menschen auf sein und das Urteil der angeblichen Experten vertraut.


Martinique, Fort de France – Martinique, St. Pierre: 13,7 nm
Gesamt: 6.589 nm

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert