18.03.2022 – Habt ihr alles was ihr braucht?

Nach vier Nächten verabschieden wir uns von den Tobago Cays und laufen nach einem Schnorchelstopp unterwegs in die Bucht von Charleston auf Canuan ein. Hier sollen vermehrt Dingis gestohlen worden sein und das hat sich unter den Seglern herum gesprochen.

Außer uns ist kein Segler hier. Wir ankern direkt vor der Stadt und machen unser Beiboot, was übrigens „Emil“ heißt, bereit zum Landgang. Ein Einheimischer nimmt uns am Strand in Empfang und bietet uns sogleich Lobster an. Wir vereinbaren, dass wir auf dem Rückweg bei ihm vorbei schauen. Er nimmt uns unseren Müll ab und Fritz fährt zurück zum Schiff. Andreas und ich machen uns auf den Weg in die Stadt. Eigentlich eher eine Hauptstraße mit einer Häuseransammlung. In einem hellblauen Steinhaus gibt es zwei Gemüsehändler und zwei kleine Läden mit nicht mehr als 20 qm Grundfläche. Wir kaufen bei Jedem etwas. Die Bank ist Links und der Supermarkt rechts am Ende des Ortes. Damit haben wir alles gesehen. Ein Einheimischer ruft die Besitzerin des Supermarktes, der gerade geschlossen hat und gibt uns zu verstehen, dass wir kurz warten sollen, sie wird den Laden gleich aufmachen. Das Sortiment ist übersichtlich, aber da sie extra für uns geöffnet hat kaufen wir ein paar Kleinigkeiten.

Es hat sich rumgesprochen, dass wir da sind, denn jeder der uns begegnet grüßt, fragt wie es uns geht und ob wir alles bekommen haben, was wir brauchen. Die Menschen sind herzlich, wir fühlen willkommen und tauchen ein in den sehr ursprünglichen Ort. In den kleinen Laden im hellblauen Haus kehren wir noch einmal zurück, um Bier zu kaufen. Er ist vollgestopft und jetzt wo fünf Leute drin stehen, kann man sich kaum bewegen. Ein stämmiger Typ steht mit einem Plastikbecher an der Theke und schenkt sich drei großzügige Schlucke weißen Rum ein. Er schaut mich an und sagt: Der ist Stark. Ich muss lachen, denn auf dem Etikett steht „Sunset, Strong Rum 84,5%“. Ich finde die Alkoholstärke passt gut zum Namen Sonnenuntergang, da gehen einem nach zwei Gläsern bestimmt die Lichter aus. Er hingegen meint, das sei Medizin. Ach so, nach der harten Arbeit oder?, aber da habe ich weit gefehlt. Ein großer Dünner neben mir mit langen Rastas und glasigen Augen meint: „Einen am Morgen, einen am Mittag und einen am Abend und dann geht es dir gut, du fliegst durch den Tag.“ Das „fliegst“ spricht er dabei sehr langgezogen aus. Der hinter der Theke schaut auch sehr relaxt drein und verrechnet sich, als ich bezahlen möchte. Die dicke Frau am Eingang mit einem Lachen übers ganze Gesicht berichtigt ihn, als ich darauf hinweise. Wir kaufen das lokale Bier, das freut sie alle und die Flaschen haben sogar Pfand, das finde ich richtig gut.

Zurück am Kai gehen wir zu dem Fischer und er zeigt uns seine Lobster. Wir nehmen drei für je 10 EC$ (insgesamt 10€). Sie leben noch und er ist schon drauf und dran sie einfach in die Tasche mit den Bieren zu stecken. Ich frage, ob er sie uns töten kann und er fragt zurück, wann wir sie essen werden. „In vier Stunden.“ „Nein, sie müssen frisch sein, ich kann euch zeigen, wie ihr es macht.“ Na gut, er demonstriert es uns mehrfach und fragt ganz zum Schluss noch einmal, ob wir es verstanden haben. Demonstriert es uns dann aber zur Sicherheit noch ein weiteres Mal. Ich denke kurz, dass wir sie zur Not ja auch einfach freigekauft haben und sie zurück ins Meer geben. Schnell packen wir die Biere in einen anderen Beutel und so haben unsere drei Lobster eine eigene Tasche. „Wenn ihr wieder am Boot seid, macht Wasser rein.“ Er scheint sich wirklich Sorgen zu machen, ob wir alles verstanden haben und seine Lobster gut behandeln. Wir sitzen am Strand und trinken ein Bier, denn sie sind alle frisch aus dem Kühlschrank. Da kommt der Fischer noch mal, überreicht mir eine perfekt geformte kleine Muschel, so eine, die die Einsiedlerkrebse mit sich herumgetragen haben, und meint dann, die Lobster müssen in den Schatten. Die drei ausgetrunkenen Flaschen bringt Andreas zurück in den Laden und setzt das Pfandgeld gleich, im Laden daneben, in eine kleine Tüte Chips um.

Wir gehen nach dem Einkauf Anker auf und fahren in eine kleine Bucht am Rand der Großen. Davor liegt die Mega Yacht „ANNA“ des russischen Oligarchen Dmitry Ryboloviev, der all seine Kali Minen verkauft und Russland vor sechs Jahren verlassen hat. Gegen die 110 m lange Yacht sieht die Luxusyacht, die davor liegt miniklein aus und wir sind wahrscheinlich kleiner als sein Beiboot.
Wir haben einen Sandfleck gefunden und setzen uns gerade ins Cockpit, als ein Hubschrauber über die Bucht kommt. Und tatsächlich, der landet hinten und die Dimensionen sind so gigantisch, dass er gar nicht weiter auffällt.

Unser Ankerplatz ist perfekt zum Schnorcheln. Vom Schiff aus können wir direkt zu dem Korallenriff an der Außenecke der Bucht schwimmen, was sich bis vor den Strand zieht. Durch die ins Wasser abfallenden Felsen ergibt sich eine dreidimensionale Unterwasserwelt, die uns den ganzen Tag in Bann hält. Gleich am Morgen macht Fritz einen Tauchgang und danach kommen wir aus den Flossen auch fast den ganzen Tag nicht mehr raus.


Tobago Cays – Canuan: 10 nm
Gesamt: 6.440 nm

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